Reszö Seress, geborener Rudolf Spitzer, ist wohl den meisten Menschen eine völlig unbekannte Person. Geboren 1889, gestorben 1968 in Ungarn, ist er der Komponist eines der bekanntesten und populärsten Lieder aus diesem Land, das internationale Erfolge erzielte, obwohl dieses Lied einen etwas makabren Beigeschmack hat.
Seress konnte keine Noten lesen oder schreiben, trat aber regelmäßig in Lokalen (Kispipa in der 38 Akácfa Straße) auf und war eine lokale Berühmtheit. Einer seiner Freunde, László Jávor, beauftragte ihn 1932/1933, zu seinem Text eine Melodie zu schreiben, auf Ungarisch Szomorú Vasárnap. Das Lied wurde sehr schnell populär und bekam auch bald einen englischen Text von Sam M. Lewis. Unter dem Titel "Gloomy Sunday" erlangte es internationale Berühmtheit.


Auch die Geschichte als Selbstmordhymne trug zu seiner Berühmtheit bei. Manche Radiostationen weigerten sich, das Lied zu spielen. Trotzdem nahmen viele Künstler "Gloomy Sunday" in ihr Repertoire auf: Billie Holiday, Sara Vaughan und Artie Shaw, später auch Diamanda Galas, Heather Nova, Kronos Quartett, Serge Gainsbourg und viele andere.
Seress war ein ungarischer Jude, der unter den Repressalien im 2. Weltkrieg litt und in der Zeit des Kommunismus keine Anerkennung fand. Von seinem internationalen Erfolg konnte er nicht profitieren; Tantiemen blieben auf einem amerikanischen Konto, Überweisungen waren unmöglich, Reisen ebenso. Schließlich versuchte er Selbstmord, sprang aus dem Fenster seiner Wohnung, überlebte schwer verletzt und wurde im Krankenhaus an Drahtgestellen aufgehängt, um seine Knochen zu heilen. 1968 erhängte er sich mit genau diesen Drähten. Seine letzte Ruhe fand er am jüdischen Friedhof in Budapest.

Seress war sehr klein und spielte zur Unterhaltung in Bars. Eine Anekdote erzählt: Ein Gast sagte zu ihm, dass er ihn in seine Westentasche stecken könnte, weil er so klein sei. Daraufhin erwiderte Seress: "Dann hättest du in der Westentasche mehr Hirn als im Kopf."
Eine weitere Anekdote wird auf der ungarischen Seite Nullaev berichtet: "Der Verfasser des Gedichts, László Jávor, arbeitete als Kriminalreporter bei der 8-Uhr-Zeitung und erfuhr oft von den Todesfällen, bevor die Polizei eintraf. Er war enttäuscht, dass Sad Sunday keine Ergebnisse erzielte, also legte er bei seiner Ankunft am Tatort die Partitur des Liedes neben die Leichen der Selbstmörder. Die morbide Popularisierung und Presseberichterstattung zeigten ihre Folgen: Rezső Seress' Komposition wurde in mehr als 100 verschiedenen Sprachen aufgeführt und von international renommierten Künstlern wie Frank Sinatra, Louis Armstrong und Billie Holiday gecovert. Aus den Tantiemen von Gloomy Sunday machte Seress im Ausland ein riesiges Vermögen, mit 370.000 Dollar auf seinem Konto bei der Bank Irving Trust. Allerdings hatte er nie Zugang zu dem Geld, die Zeit erlaubte keine Überweisungen, und persönliche Abhebungen waren nicht möglich." (übersetztes Zitat vom 2.12.2025 aus: https://nullaev.hu/hu/seress-rezso)
1999 entstand nach seiner Lebensgeschichte der deutsch-ungarische Film "Gloomy Sunday - das Lied vom traurigen Sonntag", der mehrere Preise gewann.
Das erste Mal hörte ich das Lied auf Ö1, vermutlich in der Reihe "diagonal". Die Melodie gefiel mir sofort und ich wollte möglichst viel über den Komponisten erfahren, was sich als nicht so leicht herausstellte. In Budapest findet man dann doch ein paar Erinnerungen an Reszö Seress: An der Mauer vor dem Lokal "Kispipa" in der Akácfa u. 38 findet sich ein kleines Denkmal des Künstlers Mihály Kolodko, Reszö Seress am Klavier in einer Pfeife. Gleich ums Eck in der Dob utca 46/b wohnte der Komponist, am Eingang gibt es eine Gedenktafel und schließlich gibt es noch das Grab im jüdischen Friedhof.

Er dürfte kein einsamer Mensch gewesen sein, 1934 heiratete er Hani Nádler, die als die schönste Frau der Hauptstadt galt und ihren reichen Ehemann für Seress verließ. Der von seinen Freunden als "kleiner Seress" bekannte Mann war nur 156 cm groß.
Die Idee hinter dem Projekt ist es, ein wenig über seine Lebensgeschichte herauszufinden, passende Bilder zu finden und einen versöhnlichen Bezug zur Gegenwart herzustellen.
Budapest-Impressionen





